Schattenbericht zur Lage der Sinti und Roma in Deutschland

Nachdem die Berichterstattung der Bundesregierung zu Sinti und Roma recht bescheiden ist, haben einige Organisationen (darunter auch ein Träger aus München)  einen sehr lesenswerten Parallelbericht erstellt: „Die kurzfristig eingeholten Meinungen von 26 Landesverbänden, Bildungsprojekten, Experten und Aktivisten widersprechen ganz eindeutig der Meinung der Bundesregierung, die deutschen Sinti und Roma seien gut intergriert.“ (S.4). Als Ursache wird Exklusion und Diskriminierung gesehen. vgl.:

„Ergänzungsbericht der Roma-Zivilgesellschaft und anderer Interessenträger und Expert/innen zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland an die Europäische Kommission zum EU-Rahmen für Nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020“
Downloadbar hier: http://bag-raa.de/PDF/Ergaenzungsbericht%20NRIS%20Maerz%202012.pdf

Großbritannien – Social Work Action Network

Interessant ist auch der Blick was in anderen Ländern im Themenfeld „kritische Soziale Arbeit“ (engl. eher „radical social work“) passiert. In Großbritannien existiert das „Social Work Action Network“ (SWAN) in dem SozialarbeiterInnen sich organisieren. Das Netzwerk kooperiert mit Gewerkschaften. Die  Lage der Sozialen Arbeit dürfte z.T. sehr ähnlich sein und könnte (Ähnlichkeiten betreffend) vielleicht mit folgenden Schlagworten umschrieben werden:
„Managerialism“, „consumers“ statt „clients“, „Skandale“ um verstorbene Kinder („Baby P“), Personalisierung und Budgetisierung von „Dienstleistungen“, zunehmende Privatisierungen um sozialen Bereich, Kürzungen (vermutlich wesentlich massiver als in Deutschland),  Ausrichtung der Sozialen Arbeit nach „Disziplinierung und Kontrolle“ als Problemlösungsstrategie (da Soziale Probleme individualisiert werden, vgl. z.B. „Die Unruhen in den britischen Städten gingen von antisozialen Menschen aus“:  http://www.heise.de/tp/artikel/35/35881/1.html).
Doch auch in Deutschland tut sich Einiges. In immer mehr Städten existieren Arbeitskreise kritischer Sozialer Arbeit und auch das unabhängige Forum ist sehr aktiv vgl. z.B. http://sozialearbeit.einmischen.info/

Ein Blick auf die Mitgliedssatzung des Netzwerkes (mehr unter http://www.socialworkfuture.org/) verrät ein wenig über Struktur und Inhalt:
1. SWAN – What we stand for.

The Social Work Action Network (SWAN) is a radical, campaigning organisation of social work and social care practitioners, students, service users, carers and academics, united by our concern that social work practice is being undermined by managerialism and marketisation, by the stigmatisation of service users and by welfare cuts and restrictions. While recognizing that social work is one of the mechanisms through which the State controls the behaviours of poor families, we believe nevertheless that social work is a valuable activity which can help people address the problems and difficulties in their lives. Many of these difficulties are rooted in the inequalities and oppressions of the modern world and good social work necessarily involves confronting the structural and public causes of so many private ills.
2. Aims and Objectives.

i) To promote a model of social work practice which is rooted in the value of social justice, which seeks to advocate alongside, and on behalf of, carers and service users and which values both individual relationship-based practice and also collective approaches;

ii) To challenge the domination of social work and social care services by managerialist perspectives and practices which prioritise budgets, targets and outcomes over the needs of the people who use these services;

iii) To bring together practitioners, students, carers, service users and academics through regular conferences and campaigning activities in support of the above objectives, and to strengthen the radical voice within social work practice, education and wider social policy debates;

iv) To work alongside existing social work, social care and carer and service user organisations, including UNISON and BASW, to promote strong collective organisation and, wherever possible, to campaign jointly around specific issues.
3. Membership

Membership of SWAN shall be open to social work and social care students, academics, carers and service users, and to anyone working in the field of social work and social care who supports the aims of SWAN (as outlined in section 2 above) and who pays an annual membership fee to be agreed at annual conference.

The annual fee shall be agreed each year at national conference. For the period September 2009 to September 2010 the membership fee is £10. The fee for students and service users is £5. Asylum seekers are eligible to free membership.
4. SWAN structure and organization

SWAN is a democratic, grass-roots, membership-controlled organization, which aims to support and promote both local and national initiatives, in line with SWAN’s aims as outlined in section 2 above. As a matter of both principle and resource considerations, any additional layers of organization should be kept to a minimum.

SWAN is committed to the principles of anti-oppressive social work and, therefore, membership of far-right, Nazi organizations like the BNP is incompatible with membership of SWAN.
5. Conference

i) Annual conference is the sovereign body of SWAN, where policies are debated and agreed upon, and where elections take place.

ii) A national steering committee of 12 people will be elected each year by SWAN Supporters at conference and will be accountable to conference.

(…)

Bundeskongress Soziale Arbeit 2012

Das Motto des 8. Bundeskongress der Sozialen Arbeit vom 13. – 15. September 2012 in Hamburg lautet
„Politik der Sozialen Arbeit – Politik des Sozialen“ und wird durch
die drei folgenden Themenstränge untergliedert:

  • Das Ökonomische vom Sozialen her denken
  • In gesellschaftlichen Konflikten Position beziehen
  • Soziale Rechte verteidigen, Ausgrenzungen kritisieren, Gemeinsames stärken

Aufruf und call for papers hier:
http://www.bundeskongress-soziale-arbeit.de/

Kampagne gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz

Es existiert in der Zwischenzeit eine Kamagne mit obigen Titel,  vgl. www.gerdia.de
Es werden auch GeprächspartnerInnen gesucht http://www.gerdia.de/node/88 mit direkten Erfahrungen bezüglich Loyalitätsobliegenheiten aus dem beruflichen Alltag oder aus juristischen, politischen, gewerkschaftlichen und humanistischen Zusammenhängen.

Ansonsten gilt:

In Deutschland existieren sechs sogenannte „Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege“. Hierzu gehören die Arbeiterwohlfahrt, der, der Paritätische, das deutsche Rote Kreuz, die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland sowie die kirchlichen Verbände der Deutsche Caritasverband und das Diakonische Werk.
Caritas und Diakonie beschäftigen zusammen ca. 1 Million Arbeitnehmer und sind somit die zwei größten nicht-öffentlichen Arbeitgeber Deutschlands.

Kritik
• „Das Grundgesetz gilt innerhalb kirchlicher Einrichtungen nur eingeschränkt. Deren Rechtsstellung regeln vielmehr Staatsverträge – meist aus der Zeit der Weimarer Republik und der Nazi-Diktatur.“ Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht hat Verfassungsrang. Das Betriebsverfassungsgesetz gilt nicht.
Folgen sind u.a.:
– es gibt kein Streikrecht („Gott kann man nicht bestreiken – Kirche und Diakonie siegt vor Arbeitsgericht“ Zitat ev. Kirche Westfalen )
– es gibt keinen Betriebsrat (sondern nur eine sog. „Mitarbeitervertretung“ mit eingeschränkten Rechten),
– der „Tarifvertrag“ wird nicht durch Gewerkschaften ausgehandelt (der sog. Dritte Weg).
• Diakonie und Caritas haben momentan noch das Recht zu fordern, dass die MitarbeiterInnen katholisch oder evangelisch zu sein haben. Dies wird ebenfalls kritisiert, insbesondere da fast alle durch die Wohlfahrtsverbände angebotenen Leistungen (die sie nach dem Subsidiaritätsprinzip für den Staat übernehmen) vollständig vom Staat refinanziert werden. Dies wird auch als Diskriminierung wahrgenommen, ist aber rechtlich möglich aufgrund folgender Tatsache:
• Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (auch Antidiskriminierungsgesetz) ist in seiner Geltung eingeschränkt.

• Durch die besonderen Loyalitätspflichten können Personen gekündigt werden, die z.B.
ein uneheliches Kind haben
homosexuell sind
sich scheiden lassen

N.G.
Quellen Vgl. z.B. http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,649991,00.html aufgerufen am 30.08.2010
Vgl. http://www.evangelisch-in-westfalen.de/ansicht/artikel/gott-kann-man-nicht-bestreiken/ aufgerufen am 30.08.2010
Vgl. z.B. http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,649991,00.html aufgerufen am 30.08.2010
Vgl. z.B. http://www.taz.de/1/leben/schwerpunkt-kirchentag/artikelseite/1/tendenz-schwulen-und-lesbenfeindlich/ aufgerufen am 30.08.2010
Vgl. z.B. http://www.wissenrockt.de/2010/03/06/ibka-kirchenarbeitsrecht-abschaffen/ aufgerufen am 30.08.2010

Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit – München